Steueränderungen 2012

Zeitnahe Außenprüfung
Durch die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Änderung der Betriebsprüfungsordnung wurden im neuen § 4a BpO erstmals bundesweit einheitliche Rahmenbedingungen für eine zeitnahe Betriebsprüfung verbindlich festgelegt, die theoretisch bei Prüfungsanordnungen ab dem 2.1.2012 möglich ist, dann wohl zunächst für 2010. Die zeitnahe Prüfung soll zur Erhöhung der Planungssicherheit aufseiten der Unternehmen und der Finanzverwaltung beitragen und umfasst zumindest den letzten Veranlagungszeitraum, für den eine Steuererklärung abgegeben wurde. Dabei unterscheiden sich die Rahmenbedingungen nicht von denen herkömmlicher Prüferbesuche.
Für die Unternehmen bedeutet die “Prüfung im Jahrestakt” insbesondere eine Reduzierung der oftmals sehr großen zeitlichen Abstände zwischen den jeweiligen Prüfungszeiträumen und dem aktuellen Veranlagungsjahr, die aufzuklärenden Sachverhalte sind eher noch präsent und es gibt erheblich schneller Rechts- und Planungssicherheit. Zudem reduziert sich die latente Gefahr erheblicher Steuernachzahlungen inkl. Zinsen nach § 233a AO aufgrund von Mehrergebnissen. Fehler bei der steuerlichen Behandlung lassen sich früher abstellen und in den Bilanzen reduziert sich der Umfang der Rückstellung aufgrund von Risiken aus der Betriebsprüfung. Die aufwendige Suche nach Unterlagen aus der Vergangenheit – etwa im Archivraum – lässt sich verringern, der Einsatz des Datenzugriffs gem. § 146 Abs. 5 AO ist leichter und der Rückgriff auf bereits archivierte Daten und veraltete Soft- und Hardware kann öfters vermieden werden.
Selbstständige sollten sich darauf einstellen, dass die Finanzverwaltung verstärkt Schwerpunkte prüft, öfters Buchführungsunterlagen bereitgestellt werden müssen und dass ein zusätzlicher Bedarf interner Abstimmungen innerhalb der Fachabteilungen oder mit dem Steuerberater berücksichtigt werden muss. Zudem kann die zeitnahe Betriebsprüfung dazu führen, dass ein Abschluss erfolgt, bevor die ansonsten eher zeitig erscheinenden Lohnsteuer-Außen- oder Umsatzsteuer-Sonderprüfer ihre eigenen Fälle beendet haben.

Praxis-Tipp
Antrag auf zeitnahe Betriebsprüfung: Unternehmen können einen Antrag auf zeitnahe Prüfung stellen, ein Rechtsanspruch darauf besteht aber nicht (§ 2 Abs. 3 BpO), da das FA die Auswahl nach pflichtgemäßem Ermessen vornimmt.

Gemischte Aufwendungen
Aufwendungen sowohl aus beruflichem/betrieblichem als auch aus privatem Anlass lassen sich jetzt grundsätzlich in abziehbare Betriebsausgaben/Werbungskosten und nicht abziehbare Lebenshaltungskosten nach Maßgabe der beruflich und privat veranlassten Verhältnisse aufteilen. Das gilt für alle Gewinn- und Überschuss-Einkunftsarten und nicht nur im Hinblick auf gemischte Geschäftsreisen als Hauptanwendungsfall. Insoweit sollten die Buchungsvorgänge des laufenden Jahres auf Gewinnminderungspotenzial durch die Erfassung weiterer Betriebsausgaben durchforstet werden. Damit Unternehmer dies erfolgreich in der GuV für 2011 berücksichtigen können, müssen sie die betriebliche Veranlassung im Einzelnen umfassend darlegen und nachweisen sowie nachvollziehbare Aufteilungskriterien vorlegen. Gelingt das nicht, kommt nämlich weiterhin insgesamt kein Abzug in Betracht. Das betrifft auch in ähnlicher Weise den Werbungskostenabzug der Belegschaft.
Diese geänderte Rechtsansicht hat auch Auswirkungen auf andere Bereiche:

  • Häusliches Arbeitszimmer bei privater Mitbenutzung.
  • Teilnahme an einer Auslandsgruppenreise.
  • Sprachkurs im Ausland.
  • Arbeitgebererstattung von Kurkosten.
  • Aufwendungen für Tages-, Wochen- und Börsenzeitungen.
  • Bücher als Arbeitsmittel.
  • Aufwendungen für den Diensthund.
  • Beiträge für den Golfclub.

Im Rahmen der Gewinnermittlung sind 4 Konstellationen zu unterscheiden:

1. Betriebsausgaben sind eindeutig und klar abgrenzbar ausschließlich betrieblich oder privat veranlasst: Nach dem Alles-oder-Nichts-Prinzip werden sie unmittelbar dem jeweiligen Bereich (abzugsfähig/nicht abzugsfähig) in voller Höhe zugeordnet, so dass eine Aufteilung unterbleiben kann.
2. Ab 10 % betrieblich veranlasste Aufwendungen: Splittung mit dem jeweiligen Anteil in abziehbare und nicht abziehbare Kosten.
3. Betriebliche Mitveranlassung unter 10 %: Neben grundsätzlich nicht abziehbaren können auch zusätzliche betriebliche Aufwendungen vorliegen und insoweit separat geltend gemacht werden. Beispiel: Bei der 14-tägigen Urlaubsreise mit eintägigem Fachseminar sind Seminargebühren, Fahrtkosten vom Urlaubsort zum Tagungsort und der Verpflegungspauschbetrag für diesen Tag absetzbar.
4. Private Mitveranlassung unter 10 %: Alle Aufwendungen sind in vollem Umfang abziehbar, auch die Kosten der Hin- und Rückreise.

Praxis-Tipp Firmenjubiläum
Auch die Feier zum Firmenjubiläum eines Einzelunternehmens lässt sich nach Köpfen teilweise als Betriebsausgaben absetzen, wenn neben Kunden und Geschäftsfreunden auch private Gäste des Firmeninhabers teilnehmen.

Neue Vorteile für die Kinderbetreuung
Ab 2012 können mehr Selbstständige 2/3 der Betreuungskosten bis maximal 4.000 EUR pro Kind nicht nur wie derzeit absetzen, wenn beide Elternteile erwerbstätig sind. Denn auf die persönlichen Anspruchsvoraussetzungen (Erwerbstätigkeit, Krankheit oder Behinderung) kommt es nicht mehr an. Hiervon profitieren insbesondere Eltern, bei denen Vater oder Mutter nicht berufstätig sind. Insoweit kann es sich anbieten, offene Rechnungen der Betreuungseinrichtung erst nach dem Jahreswechsel zu begleichen, wenn derzeit ein Elternteil nicht berufstätig ist.
Lebt der Unternehmer mit einem unverheirateten Elternteil zusammen, kann nur der zahlende Partner Kinderbetreuungskosten absetzen. Daher sollte der besser verdienende Elternteil Rechnungen begleichen und den Vertrag mit dem Kindergarten abschließen. Dies ist genau durchzurechnen. Denn schließt nur ein Elternteil den Vertrag mit der Kindertagesstätte und überweist die Gebühren, kann er die weder vollständig noch anteilig dem anderen Elternteil im abgekürzten Zahlungs- oder Vertragsweg zurechnen.
Wichtig
Kinderbetreuungskosten: Kinderbetreuungskosten werden künftig einheitlich als Sonderausgaben und nicht mehr wie derzeit wie Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen. Das bedeutet, dass der Gesamtbetrag der Einkünfte bei den Eltern höher ausfallen könnte und der Aufwand in Jahren mit geringem Gesamteinkommen und Verlusten verpuffen kann, da sich Sonderausgaben nicht nach § 10d EStG für die Zukunft konservieren lassen.

Verbesserungen beim volljährigen Nachwuchs
Kindergeld und Steuervergünstigungen (z. B. Kinder- und Ausbildungsfreibetrag, Abzug von Schulgeld, Ermäßigung beim Solidaritätszuschlag und bei der Kirchensteuer) und sonstige Privilegien (z. B. Riester-Zulage) erhalten Steuerpflichtige für ihre volljährigen Kinder ab 2012 ohne Einkommensgrenze. Die Förderung entfällt nicht mehr für den Sprössling in Berufsausbildung, dessen Einkünfte und Bezüge oberhalb von 8.004 EUR im Jahr liegen. Sofern im laufenden Jahr die Schwelle überschritten werden könnte, sollte das Kind Ausgaben vorziehen und Einnahmen auf 2012 aufschieben.

Wichtig
Kinder über 18: Im Rahmen dieser Umstellung werden Kinder über 18 nur noch bis zum Abschluss der ersten Berufsausbildung begünstigt. Insoweit müssen Eltern und Arbeitgeber beachten, dass ein beschäftigtes volljähriges Kind ab 2012 einer schädlichen Erwerbstätigkeit nachgehen kann und damit die Förderung entfällt. Erlaubt ist aber eine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit unter 20 Stunden oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis (400-EUR-Job).
Der nach dem Ende der Wehrpflicht und des Zivildienstes zum 1.7.2011 eingeführte Bundesfreiwilligendienst wird über den durch das Gesetz zur Umsetzung der Beitreibungsrichtlinie geänderten § 32 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. d EStG berücksichtigt. Für die Dauer des Wehr- bzw. Zivildienstes wurde zuvor kein Kindergeld bewilligt, die Zeit wurde nur bei der Ausbildung an das 25. Lebensjahr drangehängt.

Erbschaftsteuer
Die aktualisierten Richtlinien zum ErbStG und BewG (Entwurf) enthalten zwar wenig Neues im Vergleich zu den 5 Ländererlassen zur Erbschaftsteuerreform 2009, aber für Unternehmen einen nach Paragrafen sortierten schnelleren Überblick sowie einige wesentliche Definitionen, etwa zu
• dem Umfang des begünstigten Produktiv- und schädlichen und jungen Verwaltungsvermögens,
• Anteilen an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft,
• der Mindestbeteiligungsquote an einer GmbHzu mehr als 25 % sowie der begünstigten Übertragung von Anteilen im Rahmen einer Poolvereinbarung,
• dem Erwerb bei Tod eines Gesellschafters,
• den Behaltens-Voraussetzungen und der Ermittlung der Lohnsumme für die Steuerbefreiung von Betriebsvermögen sowie
• den Voraussetzungen für das vereinfachte Ertragswertverfahren nach § 200 BewG.

Im Bereich der beschränkten Steuerpflicht gibt es folgende Verbesserungen:

1. Wird für die Übergabe betrieblichen Vermögens im Wege der vorweggenommenen Erbfolge als Gegenleistung eine lebenslange Rente verlangt, lässt sich diese auch dann als dauernde Last nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG bei den Sonderausgaben abziehen, wenn Kinder oder Enkel jenseits der Grenze wohnen. Denn der Bezug auf die unbeschränkte Steuerpflicht in verstößt gegen die Kapitalverkehrsfreiheit.

2. Beim beschränkt steuerpflichtigen Vermögensanfall wird der Antrag auf unbeschränkte Steuerpflicht ermöglicht, um dadurch statt einheitlich 2.000 EUR die höheren Freibeträge nach § 16 Abs. 1 ErbStG von 20.000 – 500.000 EUR nutzen zu können. Das ist nicht generell günstig, weil die unbeschränkte Steuerpflicht das Weltvermögen und die beschränkte nach §§ 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG, 121 BewG nur inländisches Grund- und bestimmtes Betriebsvermögen sowie Anteile an Kapitalgesellschaften erfasst. Der Antrag kann sowohl für künftige Erwerbe als auch für solche aus nicht bestandskräftigen Veranlagungen gestellt werden – also auch für Zuwendungen vor der Erbschaftsteuerreform 2009.

Betreuungsleistungen
Berufsmäßige Betreuer und Verfahrenspfleger unterliegen nicht mehr § 15 EStG und somit auch nicht der Gewerbesteuer. Es handelt sich um sonstige selbstständige Einkünfte nach § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG. Da in allen offenen Fällen der Gewerbesteuermessbescheid von Amts aufgehoben wird, sollten Betroffene prüfen, ob dies geschehen ist.
Darüber hinaus können ehrenamtliche Vormünder, Pfleger und rechtliche Betreuer ab 2011 erstmals den Freibetrag als Übungsleiter gem. § 3 Nr. 26 EStG bis zu 2.100 EUR nutzen. Zuvor gab es nur den Ehrenamtspauschbetrag von 500 EUR nach § 3 Nr. 26a EStG.